Was Sie wissen müssen
Der Steinschlagschutz hat eine lange Geschichte und ist in den unterschiedlichsten Ausführungen eingesetzt worden. Dem Stand der Technik entsprechend wurden Anwendungen von Schutzsystemen in vielerlei Hinsicht gut dokumentiert; das Hauptaugenmerk sollte hier jedoch auf den Vorgaben und Richtlinien für Steinschlagschutzzäune liegen. Mit der Entwicklung moderner Systeme in den letzten zwei Jahrzehnten kam es zu signifikanten Änderungen bei den Vorgaben und Richtlinien. Zwischen den folgenden Vorgaben und Richtlinien wird unterschieden:
1) Test- und Zertifizierungsrichtlinien
2) Design- und Anwendungsrichtlinien
Während Test- und Zertifizierungsrichtlinien die Materialien der Systeme untersuchen bzw. beschreiben, werden Design- und Anwendungsrichtlinien für den Einsatz dieser Materialien herangezogen.
Test- und Zertifizierungsrichtlinien
Die meisten kommerziellen Hersteller von Steinschlagschutzäunen haben ihren Hauptsitz oder Ursprung in Europa. Dort werden diese Systeme bereits seit über 50 Jahren verwendet. Zu Beginn wurden Systeme eingebaut, die vorher nicht auf ihre Gebrauchstauglichkeit getestet und oft vor Ort zusammengestellt wurden. Als immer mehr dieser Systeme ihren Einsatz fanden, wurde die Forderung nach einer Standartisierung der Systeme immer größer. Versuchsanlagen in verschiedenen Ländern wurden errichtet, um die Gebrauchstauglichkeit der Systeme zu testen. Basierend auf den Ergebnissen der Tests wurden die ersten (nationalen) Richtlinien verfasst.
Bereits 1996 wurde die erste österreichische Richtlinie der WLV (Dienst der Wildbach- und Lawinenverbauung) veröffentlicht. Die Version von 2005 der WLV-Richtlinie stellte sicher, dass für die Bewertung und Zulassung eindeutige, reproduzierbare 1:1 Feldversuche durchgeführt wurden. 2010 hat es die letzte Überarbeitung dieser Richtlinie gegeben.
Im Jahr 2008 wurde von der Europäischen Organisation für Technische Zulassung EOTA eine europaweite Richtlinie veröffentlicht – die ETAG 27 Richtlinie für die Europäisch-technische Zulassung von Steinschlagschutzzäunen. Die Richtlinie definiert die Vorgaben zur Erlangung einer ETA – Europäisch-technischen Zulassung (bis 2012) bzw. Europäisch-technischen Bewertung (ab 2013) – und dient als Basis für die CE-Zertifizierung.
Seit Anfang 2019 wurde die ETAG 27 Richtlinie vom Europäischen Bewertungsdokument (European Assessment Document) EAD 340059-00-0106 der Europäischen Organisation für Technische Bewertung EOTA abgelöst. Der Inhalt der beiden Dokumente unterscheidet sich nur gering.
Design- und Anwendungsrichtlinien
Design- und Anwendungsrichtlinien sind Richtlinien, die Ingenieuren, Planern und Auftragnehmern dabei helfen, Steinschlagschutzsysteme auf eine systematische sowie effiziente Weise zu dimensionieren und zu planen. Es gibt nur sehr wenige Richtlinien dieser Art weltweit. Die ONR 24810 Richtlinie wurde vom Österreichischen Normungsinstitut 2013 veröffentlicht. Seit 2017 gibt es die aktuelle Version sowie eine englischsprachige Fassung.
Die Richtlinie mit dem Titel “Technischer Steinschlagschutz – Begriffe, Einwirkungen, Bemessung und konstruktive Durchbildung, Überwachung und Instandhaltung” ist ein umfassendes Werk, das Schutzmaßnahmen wie die Sicherung mit Nägeln und Ankern, Vernetzungen, Schutzdämme und Gallerien sowie Steinschlagschutzzäune detailliert beschreibt. Materialtests werden in der ONR 24810 nicht behandelt; dagegen werden alle Projektphasen von der Erkundung des Baugrundes, über die Planung und Dimensionierung der Schutzmaßnahme sowie den Einbau und Fertigstellung des Systems bis zur Wartung und Instandhaltung aufgezeigt.